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Vom Heli-Trainingsmodell zum (Semi-) Scalemodell
(von Wolfgang Diwisch)
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Aufbau der Mechanik: Ausgangspunkt für den Aufbau meiner Heli-Scalemodelle ist eine sogenannte Trainerversion des Helis. Für die 600er-Rümpfe verwende ich gerne die mittlerweile in die Jahre gekommene Mechanik des T-REX 550E V2.2 von Align, da sie sich schon aufgrund des geringeren Gewichtes hervorragend für den Rumpfeinbau eignet. Natürlich muss diese dann in der Länge auf die 600er-Grösse angepasst, d.h. gestretched werden, aber dazu später mehr. Da diese Mechanik durch den Hersteller nicht mehr lieferbar ist, habe ich sie in einem der bekannten Online-Verkaufsportale erworben. |
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Im ersten Schritt zerlege ich die gebraucht erworbene Mechanik immer komplett in ihre Einzelteile, da ich nicht weiss, was diese Mechanik bereits "erlebt" hat. Hierzu gehören Haupt- und Heckrotor, Wellen, Kugellager, Anlenkungen, usw. Falls notwendig, werden defekte, schwergängige oder mir als unsicher erscheinende Teile ersetzt. Ratternde bzw. knirschende Kugellager sind zwingend zu erneuern. | |||
Beim Wiederaufbau der Mechanik gönne ich den Axialkugellagern der Blattlager- und Heckrotorwelle eine ausreichende Fettfüllung. Schraubverbindungen (zu Metall) werden mit mittelfester Schraubensicherung versehen. Zum Entfernen alter Schraubensicherungsreste nutze ich immer ein Gewinde-Schneideisen, mit dem sich das Sicherungsmittel nahezu komplett wegkratzen lässt. | |||
Nach dem Wiederaufbau der einzelnen Komponenten und Bauteile widme ich mich erst mal dem "Zusammenspiel" zwischen Sender und Empfänger, da alle weiteren Aktivitäten darauf aufbauen. Bei den folgenden Programmierschritten ist es von Vorteil, sich vorweg darüber im Klaren zu sein, in welchem Steuermodus (Mode 1-4) man den Heli fliegen will und wie die Gas-/Pitchfunktion wirken soll (drücken oder ziehen). Hierzu wie auch zur Wahl des Steuermodus eine Empfehlung abzugeben ist müssig, denn das muss jeder für sich selbst herausfinden, zumal es sehr schwierig, wenn nicht unmöglich ist, einen einmal erlernten Steuermodus wieder umzulernen. Im Sender wird zunächst ein neuer Speicherplatz aufgerufen, da sich sämtliche Geber und Trimmungen in Neutralstellung befinden müssen und kein Mischer aktiv sein darf. Dann binde ich den Sender mit dem Empfänger, programmiere die Sender-Knüppelpositionen bei linear ansteigender Gaskurve vom 0% bis 100% sowie die Reglerparameter mit dem Programmer. | |||
Im nächsten Schritt installiere ich die elektronischen Elemente wie Servos, Empfänger, Flybarlesssystem usw. Die Kabelverbindungen werden hierbei übersichtlich und jederzeit nachvollziehbar verlegt. | |||
Bei Kabelverlegungen durch die Seitenplatten der Mechanik hindurch ist zwingend darauf zu achten, dass die Kabel nicht durchscheuern können, ansonsten ist ein Absturz vorprogrammiert. Hierzu bieten sich Gewebeschutzschlauch, Geflechtschlauch oder gummiertes Kantenschutzband an. | |||
Wenn - wie in diesem Fall - beabsichtigt ist, die Mechanik in einen Rumpf zu transplantieren, ist für alle weiteren Schritte das um 76 mm längere Heckrohr des T-REX 600 zu verwenden. | |||
Da die reguläre Carbon-Heckanlenkung zum Heckrotor aus Platzgründen im Rumpf meist nicht zu verwenden ist, nutze ich den 2 mm Steuerdraht mit den beidseitigen Gewindeenden, der dem 600er Heckrohr beiliegt. Dieser Steuerdraht ist so anzupassen, dass er möglichst nahe am Heckrohr verläuft. Hierzu verbiege ich zunächst unter Hitzeeinwirkung die Abstandsstücke der Hecksteuerführungsringe so, dass die Drahtführungsösen direkt am "Ring" anliegen. Zusätzlich wird der im Knick entstandene Hohlraum mit Epoxidharz aufgefüllt und damit gesichert. | |||
Entgegen anderer Meinungen konnte ich ein weiches oder schwammiges Heck durch den beiderseits z-förmig abgeknickten Steuerdraht beim Scaleflug bisher nicht feststellen.
Nun erfolgt das Grundsetup des Hauptrotorkopfes und des Heckrotors. Bei direkter Anlenkung der Taumelscheibe müssen die Servoarme über die Stabilisierungselektronik waagerecht ausgerichtet werden und die Gestänge rechtwinklig zur Taumelscheibe führen, die gleichfalls waagerecht und rechtwinklig zur Rotorwelle stehen muss. Ein im Handel zu erwerbende "Taumelscheiben-Einstellhilfe" erleichtert die horizontale Justierung. Im weiteren Verlauf sind Taumelscheibenmitnehmer und Rotorblatthalter wie vorgegeben zu justieren. Das Grundsetup muss äusserst präzise vorgenommen werden, da sich auch geringfügige Abweichungen negativ auf das Flugverhalten auswirken. |
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Zur Einstellung des Pitchwinkels verwende ich heute eine digitale Pitchlehre. Diese wird vor der Messung an einer Referenz (Oberkante Motor oder Chassis) "genullt" und ergibt einen nahezu perfekten Spurlauf der Hauptrotorblätter im Flug. | |||
Wenn all dies Schritte erfolgt sind werden über den Sender der für den Flug minimale und maximale Pitchweg festgelegt und die anfangs für das Grundsetup zwingend erforderliche diagonale Gaskurve (die in der Realität auch eine Gerade darstellt), in eine waagerechte Gaskurve zum erreichen einer festen Motordrehzahl umgewandelt.. | |||
Das hat zur Folge, dass der Heli, unabhängig von der Pitchfunktion, mit einer festen Rotordrehzahl (Gaskonstante) betrieben wird. Mit aktuellen Helireglern, die zudem einen wirksamen Sanftanlauf haben, ist es kein Problem, den Heli über einen Mehrstufenschalter zu starten. Zudem lassen sich über diesen oder weitere Schalter, nach entsprechender Programmierung im Sender, verschiedene Drehzahlen / Flugzustände abrufen.
Nach nochmaliger Überprüfung aller flugrelevanten Parameter, einschliesslich der Kreiselwirkrichtung des Heckrotors, erfolgt der Testflug, bei dem die Steuercharakteristik, d.h. das Ansprechverhalten auf Steuerbefehle, die Heckempfindlichkeit und generell die Abstimmung des Regelsystems geprüft und ggf. nachjustiert wird. Verläuft der Flug einwandfrei ist das Heli-Trainigsmodell bereit für den Rumpfeinbau. Rumpfeinbau: Um den Arbeitsaufwand in Grenzen zu halten, bevorzuge ich hauptsächlich fertig lackierte Rümpfe, die im letzten Schritt nur noch mit entsprechenden Aufklebern und Scale-Anbauteilen zu versehen sind. Nachfolgende Fotos zeigen chronologisch die wesentlichen Schritte bei verschiedenen Helitypen. Zunächst wird das Kufenlandegestell unter der Rumpfzelle ausgerichtet und verschraubt. Hierbei werden unterschiedliche Befestigungsmöglichkeiten angeboten. |
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Danach verlege ich Kabel für die vorgesehene Beleuchtung im Rumpf, gleichzeitig werden die Bohrungen für die LEDs mit den entsprechenden Kappen vorgenommen. | |||
Für den Einbau der Mechanik muss diese meist höher gesetzt werden, damit sie optisch mit dem Rumpf harmoniert. Mittels eigens hergestellter Holzbrettchen und Holzleisten wird die Höhe an das spätere Gesamtbild des Helis angepasst. Dieser Vorgang ist ein wahres Geduldsspiel und sehr zeitaufwändig, da 1 mm vorne untergelegt ca. 8 mm Höhenversatz am Ende des Heckrotors ergeben. Hierbei sind "Flucht", Höhe und Länge des Rumpfhecks mit zu berücksichtigen. | |||
Der obere Dombereich der Rumpfzelle muss fast immer nachbearbeitet und ausgefräst werden, da oftmals Teile der Rotorkopfgestänge bei der Rotation anstehen, zu wenig Platz für die Taumelscheibenführung vorhanden ist oder eine Servobewegung blockiert wird. Als Beispiel die AS350, bei der sich durch den zu weit vorne angeordneten Spant, die Mechanik nicht genügend zurückschieben liess, da die Taumelscheibenführung "im Weg" war. Somit musste ich den Spant mittig ausschneiden. Zusätzlich habe ich zur Stabilisierung einen Zusatzspant angefertigt und diesen weiter hinten eingeharzt. | |||
Bei den meisten Helis muss der Heckausleger mit der Zelle verschraubt werden. Hierzu richte ich Zelle und Heckteil fluchtend miteinander aus, fixiere beides mittels Tesaband und bohre die 5 - 6 Löcher für die Verschraubung mit den beiliegenden M2-Schrauben. Am hinteren Flansch der Rumpfzelle werden innen 6 kleine quadratische Holzstücke, welche die 2 mm Einschlagmuttern beinhalten, mit Epoxidharz verklebt. | |||
Jetzt wird die Mechanik - ohne diese zu verspannen - innen am Rumpf mit eigens dafür hergestellten Halteelementen seitlich befestigt, um evtl. beim Hochlaufen oder im Flug auftretende Resonanzen zu minimieren. | |||
Auf einen Cockpitausbau verzichte ich bei den 600ern, die nur mit einem 6s-Lipo geflogen werden, grundsätzlich aus Gewichtsgründen (deswegen Semiscale), denn bei einem Heli bedeutet mehr Gewicht = weniger Flugzeit und im Flug sieht man das Cockpit sowieso nicht. Bei Turbinen RC-Helikoptern ist dies nicht so relevant, da immer genügend Leistung zur Verfügung steht. Den Flugakku platziere ich ganz vorn in der Rumpfzelle, um Zusatzgewicht weitgehend zu vermeiden. Hierzu stelle ich mir aus 3 mm Sperrholz eine Auflage her, die zusätzlich durch 2 CFK-Streben an der Mechanik befestigt wird. Diese Lipoauflage stabilisiere ich an der Unterseite mit zwei Alu-Winkelprofilen gegen Verwindung und Durchbiegung. |
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Zur leichteren und sicheren Handhabung des Helis baue ich bei Rümpfen immer einen elektronischer Sicherheitsschalter ein. Dieser trennt quasi den Motor vom Antriebsakku, d. h. der Antrieb bleibt bis zum Einschalten inaktiv und damit ungefährlich. Da ich bei meinen Helis immer ein externes BEC nutze, welches vom Flugakku versorgt wird, wird beim Aktivieren des Sicherheitsschalters gleichzeitig der Empfänger mit Strom versorgt, so dass der Regler initialisieren kann. Somit kann ich bereits im Vorbereitungsraum den Akku anstecken und erst später auf dem Flugfeld das System "scharf" machen. Eine in der Elektronik integrierte Anti-Blitz-Funktion verhindert zudem die Funkenbildung beim Anstecken des Akkus. Bei den Sicherheitsschaltern gibt es mehrere Varianten. Ich verwende meistens die Nachbildung eines Tankverschlusses bzw., wenn es unauffälliger sein soll, einen Stiftschaltgeber. |
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Nun bringe ich noch die Beschriftungen und Aufkleber an, die ich - sofern möglich - selbst erstelle und ausdrucken lasse. | |||
Bei der Verwendung von Nassschiebebildern ist besondere Sorgfalt geboten, da diese beim Verschieben leicht zerreissen oder aber andere Unwägbarkeiten auftreten können. Beim Anbringen der aus Nassschiebe-Decals bestehenden Kennung für meine "Lee County" EC145 lösten sich beim Entfernen der Trägerfolie die Buchstaben mit ab, obwohl ich eine Trocknungsphase von gut 2 Tagen eingehalten hatte. Als Folge dessen habe ich mir die entsprechende Textvorlage mit dem Grafikprogramm erstellt und mit einem Schneideplotter aus weisser Vinyl-Klebefolie ausgeschnitten. |
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Anstatt der vorher mit der Trainerversion des Helis verwendeten symmetrischen Hauptrotorblätter nutze ich bei einem Rumpfmodell hingegen asymmetrische Blätter aus folgenden Gründen: - Scalehelikopter werden typischerweise nicht 3D-mässig geflogen. - Scalehelikopter werden mit weniger Drehzahl geflogen als reine Trainingsmodelle. - Das durch den Rumpf bedingte Mehrgewicht führt zur einer Reduzierung der Flugzeit. - Hauptrotorblätter mit halbsymmetrischem oder S-Schlag Profil sorgen für mehr Auftrieb. Hierdurch wird die bewusste Absenkung der Drehzahl zum Teil kompensiert und gleichzeitig die Flugzeit erhöht. |
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Die Verwendung asymmetrisch profilierter Rotorblätter hat wiederum zu Folge, dass die zuvor eigestellten maximalen Pitchwege der Trainerversion angepasst werden müssen, da diese Rotorblätter bereits bei 0° Pitch Auftrieb erzeugen. Hierbei hat sich beim Scaleflug ein Pitchbereich von -3,5° bis +10° bewährt. Niedrigere Drehzahlen haben allerdings den Nachteil, dass die beim Trainingsmodell verwendeten Heckrotorblätter weniger Schub erzeugen, so dass längere Blätter montiert werden müssen, um ein ruhiges Heck zu bekommen. 4-Blatt Rotorköpfe sind bei der Wahl der Heckrotorblätter noch anspruchsvoller, da der Heli im Flug einem noch höheren Drehmoment ausgesetzt ist und damit noch mehr Heckrotorleistung benötigt. Bei der EC145 musste ich mich von der urprünglichen 92 mm Blattlänge bis auf 120 mm mit S-Schlag Profil herantasten, um bei allen Flugmanövern ein für den Scaleflug typisches "weiches" Flugverhalten zu erreichen. |
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Komplettiert wird der Heli durch weitere Ausstattungsdetails wie Antennen, Kabelschneider vergitterte Lüftungsöffnungen, Suchscheinwerfer usw. Hier setzt der Modellbauer seine eigenen Grenzen. | |||
Ich hoffe, Euch einige Anregungen und Tipps gegeben zu haben und wünsche Euch viel Spass und Erfolg beim Aufbau des nächsten oder vielleicht auch des ersten Scalehelis. | |||
… und nicht vergessen: Ein 600er Heli ist kein Spielzeug - don't drink and fly ! | |||